Hochspezialisierte Medizin - Bundesverwaltungsgericht stützt Beschluss der Kantone

24. Juni 2016

In einem Leitentscheid stützt das Bundesverwaltungsgericht einen Entscheid des Beschlussorgans für hochspezialisierte Medizin: Die Zuordnung der komplexen Behandlung von Hirnschlägen zur hochspezialisierten Medizin (HSM) ist rechtskräftig. Die Zuordnungsbeschlüsse des Beschlussorgans sind vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht anfechtbar. Die Zuordnungsbeschlüsse stellen kein taugliches Anfechtungsobjekt dar.

Mit dem Beschluss vom 19. Februar 2015 entschied das Beschlussorgan, dass komplexe Behandlungen von Hirnschlägen weiterhin als hochspezialisierte medizinische Leistungen gelten. Gegen diesen Beschluss hat das Luzerner Kantonsspital Beschwerde beim Bundesverwaltungs-gericht (BVGer) eingereicht. Das BVGer bekräftigt die Argumentation des Beschlussorgans der Kantone, dass es sich beim Zuordnungsentscheid um einen generell-abstrakten Beschluss handelt, der nicht anfechtbar ist.

Durch die Nichtanfechtbarkeit der Zuordnungsbeschlüsse wird die gemeinsame Spitalplanung der Kantone stark entspannt. Denn ein Beschwerdeverfahren gegen einen Zuordnungsbeschluss blockiert das Verfahren der eigentlichen Leistungszuteilungen an die Spitäler, da die einzelnen Zuteilungen erst möglich sind, wenn rechtskräftig beschlossen ist, wie die hochspezialisierte Leistung definiert worden ist. Eine Verzögerung durch die nun abgelehnte Beschwerdemöglichkeit hätte zu einer in den betroffenen HSM-Bereichen immer grösser werdenden Regulierungs- und Planungslücke geführt. Dies weil die befristeten Leistungsaufträge nicht nahtlos hätten weitergeführt werden können. Konsequenz wäre eine suboptimale Behandlung und Versorgungsverteilung gewesen.

Der Präsident des Beschlussorgans, Rolf Widmer, Gesundheitsdirektor des Kantons Glarus, begrüsst den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts. „Der Entscheid bedeutet eine wichtige Klärung in der Planung der hochspezialisierten Medizin. Der Leitentscheid erhöht die Rechtssicherheit und Handlungsfähigkeit und ermöglicht, den gesetzlichen Auftrag der IVHSM-Planung einfacher zu erfüllen“. Das Beschlussorgan sieht sich in seinem bisherigen Vorgehen und den gefällten Entscheiden bekräftigt und wird seine Planungsarbeiten weiterführen. Nun können die bestehenden Regulierungslücken bald geschlossen werden. Aktuell ist das aus medizinischen Experten bestehende Fachorgan an der Aufarbeitung der Entscheidungsgrundlagen für die Neubeurteilung der auslaufenden Leistungszuteilungen in verschiedenen HSM-Bereichen. Dies beinhaltet eine umfassende Abklärung der aktuellen Versorgungslage in verschiedenen HSM-Bereichen sowie die Vorbereitung neuer Leistungszuteilungen an die Leistungserbringer.

Hintergrundinformation

Planung der hochspezialisierten Medizin

Mit der Unterzeichnung der Interkantonalen Vereinbarung zur Hochspezialisierten Medizin (IVHSM) haben sich alle Kantone der Schweiz verpflichtet, die Planung und Koordination der HSM dem Beschlussorgan zu übertragen. Das von der GDK gewählte Beschlussorgan wird seit dem 6. Juni 2016 von Regierungsrat Rolf Widmer, Gesundheitsdirektor des Kantons Glarus, präsidiert. Dem Beschlussorgan gehören die Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren der Kantone Aargau, Basel-Stadt, Bern, Glarus, Genf, Tessin, Luzern, Waadt, St. Gallen und Zürich an. Die medizinisch-wissenschaftliche Aufarbeitung der Bereiche der HSM wird vom Fachorgan vorgenommen, welches seit dem 1. Juni 2015 von Prof. Daniel Scheidegger präsidiert wird. Das 15-köpfige Expertengremium setzt sich aus in- und ausländischen Ärztinnen und Ärzten aus verschiedenen medizinischen Fachbereichen zusammen. Die Zuteilungsentscheide des Beschlussorgans haben einen schweizweit rechtsverbindlichen Charakter.

Planung der komplexen Behandlung von Hirnschlägen im Rahmen der IVHSM

Die hochspezialisierte Behandlung von Hirnschlägen umfasst u.a. die akute endovaskuläre, intraarterielle Behandlung des akuten Hirnschlages mit Thrombolyse, dekompressive Kraniektomie in der akuten oder subakuten Krankheitsphase sowie bestimmte gefässeröffnende chirurgische oder interventionelle neuroradiologische Behandlungen nach einem Hirnschlag. Aufgrund der Komplexität der Entscheide und Massnahmen sind solche komplexe Behandlungen von Hirnschlagpatienten und -patientinnen in hochspezialisierten Einheiten (Stroke Centers) und Teams indiziert.

Im Rahmen der IVHSM wurde die komplexe Behandlung von Hirnschlägen erstmals 2011 als medizinischer Bereich der HSM zugeordnet. Gleichzeitig erfolgte eine erste Leistungszuteilung an 8 Zentren. Dieser Entscheid und die damit verbundenen Leistungsaufträge waren bis zum 31. Dezember 2014 befristet und wurden im Rahmen der Reevaluation einer Neubeurteilung unterzogen. Die Reevaluation wird gemäss Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts in einem zweistufigen Verfahren durchgeführt, das zwischen der Zuordnung eines Leistungsbereichs zur HSM und der Leistungszuteilung an die Leistungserbringer unterscheidet. Beim Zuordnungsverfahren wird die Fragestellung untersucht, ob ein medizinischer Bereich weiterhin der HSM zuzuordnen ist und was dieser HSM-Bereich umfasst. Beim Zuteilungsverfahren werden HSM Leistungsaufträge an einzelne Spitäler vergeben. Mit dem Beschluss vom 19. Februar 2015 entschied das Beschlussorgan, die Zuordnung der komplexen Behandlung von Hirnschlägen zur HSM weiterzuführen. Gegen diesen Beschluss hatte das Luzerner Kantonsspital Beschwerde BVGer eingereicht.