Kantone verlangen griffige Massnahmen
19. September 2018
Die Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) fordert in der Pflegefinanzierung griffige Massnahmen anstatt Leerläufe und Schwarzpeterspiele. Nur mit einem Einbezug der Pflegefinanzierung in die Gesetzesvorlage für eine „gleiche Finanzierung“ aller Gesundheitsleistungen bietet die GDK Hand für einen Kompromiss. Und die Pflegematerialien sollen mit einer einfachen Verordnungsänderung wie bisher über die Krankenversicherung abgegolten werden.
Viele Akteure, allen voran die Krankenkassen, setzen sich zurzeit für eine gleiche Finanzierung aller Leistungen ein. Das heisst, dass in Zukunft die Kantone – wie heute schon im Spital oder der Rehaklinik – auch alle ambulanten Leistungen, beispielsweise in der Arztpraxis und in der Physiotherapie, mitfinanzieren sollen. Für die GDK steht bei einem solchen Systemwechsel im Zentrum, dass damit Fehlanreize behoben werden können, der Kostenanstieg gedämpft und die Versorgung effizienter wird. Ein solches Finanzierungsmodell kann aber erst dann eine echte Verbesserung der Versorgungsorganisation und eine Effizienzsteigerung bewirken, wenn die gesamte Versorgungskette, also auch die Langzeitpflege (Pflegeheime und Spitex) in das Modell einbezogen wird (mit Ausnahme der Betreuungs- und Hotelleriekosten). Bei den bisherigen Vorschlägen werden diese Pflegeleistungen von einer Finanzierungsvereinheitlichung ausgenommen. Die Kantone haben die Türe für einen Kompromiss unter verschiedenen Voraussetzungen geöffnet. «Werden aber die Pflegeleistungen nicht in das neue Finanzierungsmodell integriert, sondern deren Einbezug ins neue Modell auf die lange Bank geschoben, werden die Kantone einem solch einschneidenden Systemwechsel wie der „gleichen Finanzierung“ nicht zustimmen», unterstreicht der GDK-Präsident und Zürcher Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger. Die GDK erwartet nun von der Gesundheitskommission des Nationalrats und den anderen Akteuren des Gesundheitswesens die Ausarbeitung und Unterstützung einer tragfähigen Lösung, welche auch die Forderung der Kantone aufnimmt – dies unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Kantone zusammen mit den Gemeinden in den letzten Jahren im Pflegebereich zusätzliche Kosten von jährlich mehreren hundert Millionen Franken alleine zu schultern hatten.
Auch kurzfristige Massnahmen sind gefragt. Seit Anfang Jahr sind Pflegeheime und Spitexbetriebe in einer schwierigen Situation. Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass Pflegematerialien im Betrag von gegen 100 Millionen Franken pro Jahr durch die Krankenversicherung auf der Grundlage der geltenden Bundesverordnung nicht separat vergütet werden können. Anstatt nach einer gangbaren Lösung zu suchen, fordern nun Krankenkassen unter der Führung ihres Verbandes santésuisse von den Pflegeinstitutionen sogar noch rückwirkend Beiträge zurück, welche die Versicherten mit ihren Prämien bereits bezahlt haben. «Dass hier eine Bundesregelung fehlt, hat immer absurdere Auswirkungen auf die Versorgung. Das bereitet uns grosse Sorgen», so Thomas Heiniger. Die GDK verlangt deshalb, dass freiberufliche Pflegefachpersonen, Spitex und Pflegeheime die Pflegematerialien wie bis letztes Jahr wieder den Krankenkassen in Rechnung stellen können. Mit einer einfachen Anpassung der Bundesverordnung könnte das Problem, unter welchem auch die Patienten leiden, rasch und ohne zusätzliche Prämienbelastung behoben werden. Die GDK erwartet von den Krankenversicherern, nicht rückwärtsgewandt neue Probleme zu schaffen, und vom Bundesrat, nach vorne gewandt das Problem zu lösen. Die GDK unterstützt denn auch die entsprechenden Vorstösse im Parlament. Im Übrigen könnte das Problem bei einem Einbezug der Pflegekosten in ein einheitliches Finanzierungssystem erst gar nicht mehr entstehen, sondern wäre sofort gelöst.