Kostenstudie EFAS: Integration der Pflege ist machbar und sinnvoll - Klares Signal oder Scherbenhaufen

8. August 2019

Bei der geplanten einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS) ist die Integration der Pflege nicht nur machbar, sondern auch sinnvoll. Dies belegt eine umfassende Studie des Forschungsinstituts INFRAS im Auftrag der Gesundheitsdirektorenkonferenz GDK. Gemäss Studie führt EFAS plus Pflege zu einer gleichmässigen und gerechten Verteilung der Kosten auf Kantone und Krankenversicherer. Für die GDK ist klar: Nur mit der Integration der Pflege in EFAS können die Gesundheitskosten gebremst und die integrierte Versorgung gestärkt werden. Jetzt ist der Bundesrat gefordert. Es braucht ein klares Signal, dass die Pflege zwingend in die EFAS-Vorlage eingebaut werden muss. Geschieht dies nicht, können die Kantone die Vorlage nicht unterstützen, und das Reformprojekt droht zu scheitern.

Im Bestreben, die Kosten im Gesundheitswesen zu stabilisieren, nimmt die Vorlage zur Änderung des KVG «Einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen», kurz EFAS, eine besondere Stellung ein: Die Krankenkassen und die Kantone sollen Behandlungen einheitlich finanzieren, unabhängig davon, ob diese ambulant oder stationär durchgeführt werden. Dies soll die Verlagerung von stationär zu ambulant fördern und dadurch das Kostenwachstum bremsen. Die Haltung der Gesundheitsdirektorenkonferenz zur EFAS ist klar. GDK-Präsidentin Heidi Hanselmann: «Wir unterstützen EFAS, wenn die Pflege darin eingeschlossen ist und weitere Anforderungen erfüllt sind. Die Effektivität und die Effizienz der KVG-Gesundheitsleistungen kann nur dann erhöht werden, wenn sich die einheitliche Finanzierung über die gesamte Versorgungskette erstreckt. So werden Fehlanreize durch unterschiedliche Finanzierungsregeln reduziert und einer echten integrierten Versorgung der Weg geöffnet.» Bis anhin wurde die Integration der Pflege in die EFAS-Vorlage von der nationalrätlichen Gesundheitskommission (SGK-N) ausgeklammert, und zwar mit dem Argument, es fehlten die Grundlagen zu den Kostenfolgen. Eine umfassende Studie des Forschungsinstituts INFRAS entkräftet nun diesen Vorbehalt.

Studie stützt Kantone – Pflege muss bei EFAS integriert werden

Der Einbezug der KVG-Pflegekosten in die EFAS hat gemäss Studie die Konsequenz, dass die Finanzierung des zukünftigen Kostenwachstums gerechter auf Kantone und Versicherer verteilt würde: Während 2016-2030 bei EFAS ohne Pflege die Finanzierungsbeiträge der Kantone um 49% und jene der Versicherer um 40% steigen würde, wären es bei EFAS mit Pflege für die Kantone wie auch für die Versicherer je + 42%.
Die Studienergebnisse lassen folgende Schlussfolgerungen zu - erstens: Die Integration der Pflege in EFAS wird als machbare und sinnvolle Massnahme durch die Kostenstudie gestützt. Zweitens: EFAS plus Pflege führt zu einer gleichmässigen, gerechten Verteilung der Last des Kostenwachstums auf Kan-tone und Krankenversicherer bzw. Steuer- und Prämienzahler. Und drittens: Wenn verbindliche Fristen für die Einführung von EFAS plus Pflege in die Vorlage eingebaut werden, verstärkt dies den Anreiz und die Verpflichtung für die Leistungserbringer und Gemeinwesen, die Kostentransparenz weiter zu verbessern. GDK-Vizepräsident Lukas Engelberger: «Die Integration der Pflege in EFAS ist von den Systemanreizen her die viel bessere, gerechtere und die politisch einzig tragfähige Lösung. Die Integration der Pflege ist zwingend, denn letztlich kann EFAS nur mit den Kantonen und nicht gegen sie beschlossen und umgesetzt werden.»

Kantone geeint: Unverbindlicher Antrag an Bundesrat ist nicht ausreichend

Trotz der klaren Haltung der Kantone gibt es bis anhin keinen verbindlichen Einbezug der Pflege in EFAS. Gemäss Vorlage der SGK-N (Art. 79a II) soll der Bundesrat die Integration der KVG-Pflegeleistungen in EFAS lediglich vorschlagen können, sobald die notwendigen Grundlagen dafür erarbeitet sind. Für die GDK kommt diese Bestimmung einer Verzögerungstaktik gleich und ist inakzeptabel, umso mehr jetzt, da die Kostenfolgen auf dem Tisch liegen. Die EFAS-Vorlage hat eine grundsätzliche Bedeutung im Verhältnis Bund – Kantone. Es ist darum am Bundesrat, hier und jetzt, bei seiner Stellungnahme zur EFAS-Vorlage, ein klares Bekenntnis zum Einbezug der Pflege abzugeben. In ihrer jetzigen Form ist die Vorlage aus Sicht der GDK abzulehnen.

EFAS ohne Pflege provoziert Kantonsreferendum

Die GDK bietet nur dann Hand für eine einheitliche Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen der Krankenversicherung (EFAS), falls diese auch die pflegerischen Leistungen in den Pflegeheimen und in der Spitex umfasst. Zudem müssen aus Sicht der GDK weitere wichtige Bedingungen erfüllt sein: Die Kantone verlangen insbesondere griffige Steuerinstrumente für den ambulanten Sektor (Zulassungsvorlage), vollwertige Mitwirkung bei den ambulanten Tarifen sowie Möglichkeiten zur Rechnungskontrolle – zentrale Anliegen der Kantone, welche die GDK bereits mehrfach kommuniziert hat und welche die Gesundheitskommission des Nationalrats in ihrem Entwurf auf die Seite geschoben hat.

Die Inkraftsetzung der gesetzlichen Bestimmungen zur einheitlichen Finanzierung der Pflegeleistungen kann zeitlich gestaffelt bis spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten der übrigen Vorlage erfolgen. Dies ist in den Übergangsbestimmungen des KVG entsprechend festzuhalten, sagt der Genfer Regierungsrat und GDK-Vorstandsmitglied Mauro Poggia: «Geschieht dies nicht, oder wird diese Frage gemäss Vorlage SGK-N auf die lange Bank geschoben, werden die Kantone der Vorlage nicht zustimmen. Am Schluss gäbe es einen politischen Scherbenhaufen. Der Bundesrat ist gefordert, hier Klarheit zu schaffen und die Gesundheitskommission ist gefordert, die Justierung vornehmen.»

Die Haltung der Kantone in dieser Sache ist gefestigt. Die Plenarversammlung der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) hat Ende Juni 2019 einstimmig die Position der GDK übernommen. In ihrem Beschlussdokument hält die KdK ausdrücklich fest, dass man das Kantonsreferendum prüfen werde, falls das Parlament an seiner bisherigen Variante festhalten sollte.

Weiterführende Informationen:

  • Michael Jordi, Generalsekretär GDK, Tel. 079 702 20 90, michael.jordi@gdk-cds.ch
  • Regierungspräsidentin Heidi Hanselmann, Präsidentin GDK, Tel. 058 229 10 64
  • Regierungsrat Lukas Engelberger, Vizepräsident GDK, Tel. 061 267 95 23
  • Staatsrat Mauro Poggia, Vorstandsmitglied GDK, Tel. 022 546 54 99